Am Morgen des 1. Mai 2021 bei der Dienstübergabe erfuhr Notfallsanitäter Thomas Leonhartsberger, dass er an diesem Tag wahrscheinlich den 25.000sten Einsatz für das NEF Perg bestreiten würde. Dass es dann ein derart außergewöhnlicher werden würde, konnte zu diesem Zeitpunkt noch niemand wissen.
Die bald 92-jährige Maria P. aus Katsdorf wanderte wie jeden Tag die gut 200 Meter von ihrem Hof zum Schafstall, seit im März Schafs-Zwillinge zur Welt gekommen waren, die mit der Flasche aufgezogen werden mussten. Weil die Schafsmutter zu schwach gewesen war, kümmerte sich die Urli-Oma von siebzehn Urenkerl gewissenhaft um die „kleinen Viecher“, wie sie es seit Jahrzehnten mit allen Tieren am Hof getan hatte. Mit den Urenkelkindern David, Laura und Daniel im Schlepptau ging es über die Traktorspur zu dem kleinen Holzverbau.
„Ich hab nur eines der beiden Zwillings-Schaferl liegen sehen und hab geglaubt, es ist etwas passiert. Also bin ich hinein, um nach dem Rechten zu sehen“, schüttelt die rüstige Frau den Kopf. „Dabei hab ich gewusst, dass der Schafsbock rabiat wird, wenn er seine Kleinen in Gefahr sieht.“
Ehe es sich die Ur-Oma versah, wurde sie schon vom Widder auf die Hörner genommen und niedergestoßen. „Und dann hat es Bumm gemacht!“, erzählt der kleine David auch zwei Wochen später noch jeden Abend seiner Mama vor dem Einschlafen, um das traumatische Erlebnis zu verarbeiten. Zum Glück war die erwachsene Enkeltochter dabei, die mutig in das Gehege kletterte und die bewusstlose Rentnerin aus der Gefahrenzone rettete. Auch sie trug einige blaue Flecken davon.
„Als wir vor Ort kamen, war die alte Dame desorientiert, schien nach meiner ersten Einschätzung aber mit einer schweren Gehirnerschütterung und Prellungen trotzdem glimpflich davon gekommen zu sein“, erklärt die Notärztin OA Dr. Karin Krall, die in ihrer 15-jährigen Karriere zwar schon vieles, aber keinen derartigen Einsatz erlebt hat. „Da die Patientin blutverdünnende Medikamente nimmt, hätte es auch zu inneren Blutungen kommen können.“
„Ich weiß erst wieder, wie ich in der Röhre (beim Schädelröntgen) im Linzer Unfallkrankenhaus aufgewacht bin“, erzählt die Patientin von ihrem Filmriss. „Die geprellten Rippen schmerzen auch jetzt noch“, lacht sie und verzieht dabei ihr schmerzverzerrtes Gesicht, während sie uns den selbstgebackenen Kuchen serviert. Nach drei Nächten im UKH durfte sie schon wieder nach Hause. „Gut, dass es euch gibt“, bedankt sich Maria P. noch einmal bei der Notärztin.