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In ca. 90% sind es Todesfälle

„Sollen wir das KIT informieren?“ Diese Frage taucht dann auf, wenn ein Raum plötzlich schwer wird: bei Suizid, Überbringung von Todesnachrichten, Einsätzen mit Kindern, häuslichen Todesfällen, alltagsnahen Einsätzen oder Großeinsätzen, wenn ein Unfall den Alltag zerreißt, ein Ereignis das ganze Leben durcheinanderbringt oder die eigenen Hände vor Schock nicht mehr wissen, wohin.

05.12.2025 | Verfasst von J. Trummer und L. Vorraber

Personen aus dem KIT, Kriseninterventionsteam, Mitglieder
Anna Minihuber und Horst Lienhart gehören zum Kriseninterventionsteam (KIT) des Roten Kreuzes.

In genau solchen Momenten kommt das Kriseninterventionsteam (KIT) des Roten Kreuzes zum Einsatz. Wenn etwas das Leben aus dem Gleichgewicht reißt, leisten die freiwilligen Mitarbeiter:innen psychologische und soziale Erste Hilfe.

Menschen wie Anna Minihuber und Horst Lienhart kommen, schenken Orientierung, oder halten einfach gemeinsam die Stille aus. Sie begleiten Betroffene durch jene ersten Stunden, in denen vieles unverständlich wirkt und geben ein Stück Halt zurück, wo dieser gerade verloren gegangen ist.

Anna, 27 Jahre alt und Sozialpädagogin, ist seit zwei Jahren Teil des KIT. Ihr Weg begann früh im Jugendrotkreuz und später im Rettungsdienst.

Horst, 63, schloss sich nach dem Ende seiner beruflichen Laufbahn dem Team an. Er suchte nach einer Aufgabe, die Sinn stiftet.

Anna Minihuber, Mitglied des KIT
Anna Minihuber

„Schon lange wollte ich im Kriseninterventionsteam mitwirken. Nach vielen Jahren im Rettungsdienst und dem Erreichen des Mindestalters von 25 habe ich mich sehr gefreut, diesen Schritt gehen zu dürfen.“

Viele Menschen stehen nach belastenden Ereignissen unter Schock und wissen nicht, wie es weitergeht. Anna ergänzt dazu: „Wir begleiten die Menschen Schritt für Schritt und sorgen dafür, dass am Ende mehr geregelt ist und weniger Ungewissheit bleibt.“ So kann das Team in den ersten Stunden unmittelbar helfen und Orientierung geben.

Horst Lienhart, KIT, Kriseninterventionsteam
Horst Lienhart

„Ich habe nach Ende der Arbeitstätigkeit überlegt, was ich machen könnte, etwas das nichts mit meinem bisherigen Beruf zu tun hat.“

Die Anfahrt zum Einsatz bietet eine kurze mentale Vorbereitung und ermöglicht es, sich zu fokussieren und auf das Kommende einzustellen. Vorab erhält man natürlich Informationen darüber, was ungefähr zu erwarten ist, und oft kann man sich während der Fahrt noch mit der Rettungsstelle, dem Team oder dem Notarzt vor Ort abstimmen, um zusätzliche Details zu bekommen. Dennoch bringt jeder Einsatz seine eigenen, unerwarteten Situationen mit sich. Wie Anna sagt: „Es ist kein Einsatz wie ein anderer.“

Einige Einsätze bleiben länger im Gedächtnis. Horst erzählt: „Manche Todesfälle bleiben länger in Erinnerung, weil die Umstände besonders waren oder wenn der Verstorbene zum Beispiel genau gleich alt ist.“ Auch Großeinsätze, wie jener heuer an der Grazer Schule, hinterlassen Spuren. Dabei ist es besonders wichtig, auf sich selbst zu achten: „Es hilft niemandem, einen Einsatz zu machen, wenn es einem danach selbst nicht gut geht.

Wer hilft denen, die uns helfen?

KIT, Gespräch mit Person, Unterstützung, 2 Personen des Kriseninterventionsteams
Das KIT bietet auch Unterstützung für Einsatzkräfte nach herausfordernden Einsätzen.

Alle KIT Mitarbeiter:innen absolvieren ebenfalls die Ausbildung Stressverarbeitung nach belastenden Einsätzen (SVE). Diese befähigt dazu, Einsatzkräfte nach besonders herausfordernden Ereignissen professionell zu unterstützen – sowohl intern im Roten Kreuz als auch organisationsübergreifend, etwa für Feuerwehren oder andere Blaulichtorganisationen. Rettungssanitäter haben die Möglichkeit, zusätzlich die SVE Ausbildung zu absolvieren, ohne die komplette Ausbildung vom KIT durchlaufen zu müssen.

Einsätze können emotional herausfordernd sein. Deshalb sind Nachbesprechungen und Supervision fest im System verankert. Mitarbeitende können jederzeit Supervision in Anspruch nehmen, die in drei Stufen angeboten wird: Reflexion mit dem Einsatzpartner, SVE-Gespräche und psychologische Supervision. Zusätzlich finden alle paar Wochen Einsatznachbesprechungen mit dem gesamten Team statt.

Das Team betont, dass es in Ordnung ist, Einsätze abzulehnen, wenn persönliche Umstände die eigene Belastbarkeit überschreiten. Sich selbst gut zu schützen, bedeutet auch, langfristig für andere da sein zu können.

In einer zunehmend schnelllebigen, dynamischen und digitalisierten Welt bleibt echte menschliche Nähe unverzichtbar. Horst bringt es auf den Punkt: „In belastenden Situationen hilft einem das Internet nicht weiter – entscheidend ist die Begegnung mit einem Menschen.“

Wie läuft ein Einsatz des KIT ab?

Eine Alarmierung beginnt immer mit einem Wunsch nach mentaler Unterstützung, manchmal von Betroffenen selbst, manchmal von Angehörigen, die spüren, dass der Moment größer ist als das eigene Durchhaltevermögen.

Über die Leitstelle kann ebenfalls direkt um Hilfe gebeten werden, auch von den Betroffenen selbst. Von dort wird die diensthabende Person verständigt, die im nächsten Schritt ihre:n Einsatzpartner:in informiert. In den meisten Fällen macht sich ein Zweierteam auf den Weg. Und wenn einmal niemand im Dienst eingetragen ist, sendet ein internes System automatisch eine Nachricht an das gesamte Team. Dann meldet sich jene:r, der:die gerade verfügbar ist und macht sich auf den Weg zu Menschen, die genau jetzt jemanden brauchen.

Da viele der Freiwilligen berufstätig sind und nicht jederzeit sofort ausrücken können, kann es vorkommen, dass das Eintreffen des KITs nach Absprache mit den Betroffenen etwas später erfolgt, sofern die Situation dies zulässt. Ist das nicht möglich, wird der Einsatz an das Team des Landes Steiermark übergeben. Die Steiermark verfügt als einziges Bundesland über zwei Kriseninterventionsteams – eines des Landes und eines des Österreichischen Roten Kreuzes.

Wie wird man Teil des KIT?

Rucksack KIT, Ehrenamt, Notfall, Krisenintervention
Die Mitarbeiter:innen des Kriseninterventionsteams (KIT) des Roten Kreuzes engagieren sich ehrenamtlich.

Der Einstieg in die Krisenintervention erfolgt über ein mehrstufiges Auswahlverfahren, in dem sowohl die fachliche als auch die persönliche Eignung geprüft wird. Interessierte führen zunächst ein Vorgespräch mit der organisatorischen und der fachlichen Leitung, um gemeinsam zu klären, ob die Tätigkeit und die Rahmenbedingungen grundsätzlich passend sind.

Anschließend beginnt der mehrmonatige Ausbildungskurs. Dieser dauert rund ein halbes Jahr und findet jeweils einmal pro Monat an einem Wochenende statt. In der Ausbildung werden vielfältige Themen behandelt – darunter Suizid und Krisensituationen, das Überbringen von Todesnachrichten, Einsätze mit Kindern, häusliche Todesfälle, alltagsnahe Einsätze, Großschadensereignisse sowie relevante rechtliche Grundlagen.

Nach Abschluss der Theoriephase folgen praktische Einsätze, bei denen neue Teammitglieder von erfahrenen Peer-Mitarbeiter:innen begleitet werden. Erst nach mehreren erfolgreich absolvierten Einsätzen übernehmen sie eigenständig Dienste im Zweierteam.

Auch Personen ohne medizinische oder psychologische Vorbildung sind willkommen. Wie im Fall von Horst muss man dann parallel noch 40 Praxisstunden im Rettungsdienst sowie einen Erste-Hilfe-Kurs absolvieren.

Teamgeist – auch abseits der Einsätze

Der Zusammenhalt im KIT ist stark – Horst sagt: „Wir sind ein klasses Team.“ Regelmäßige Treffen wie der monatliche Jour fixe oder Stammtisch stärken das Netzwerk auch abseits der Einsätze und sorgen dafür, dass man sich kennen lernt.

Anna betont die Bedeutung des Zwischenmenschlichen: „Dieses Zwischenmenschliche und der Weg von der Technologie zurück ins Miteinander ist sehr wichtig.“ Ihr Appell an Interessierte: Einfach informieren und bewerben.

Im Kriseninterventionsteam (KIT) des Roten Kreuzes Graz engagieren sich derzeit rund 37 Mitarbeiter:innen, die je nach Einsatzlage flexibel einspringen und Menschen in akuten Krisensituationen unterstützen. Jedes Jahr werden dabei zahlreiche Einsätze absolviert, von psychischen Notfällen bis zu größeren Schadenslagen, bei denen das Team professionelle Hilfe und menschliche Nähe leistet.

Danke für die wertvolle Arbeit

Ein großes DANKE an dieser Stelle an das gesamte KIT-Team – ihr leistet großartige Arbeit für unsere Gesellschaft.

Wer selbst Teil dieses engagierten Teams werden möchte, kann sich jederzeit bei der Freiwilligenkoordination bewerben. Weitere Informationen zur Ausbildung finden sich hier.

wir sind da
Porträt Margit Helm

Margit Helm

Freiwilligenkoordination

Bezirksstelle Graz-Stadt

Münzgrabenstraße 151
8010 Graz

Mo-Do: 08:00-16:00 Uhr
Fr: 08:00-13:00 Uhr

+43 (0) 50 1445 - 16950
freiwillig.graz@st.roteskreuz.at