Der Bedarf an hochqualifizierten Notfallsanitäter:innen mit Zusatzkompetenzen steigt im niederösterreichischen Rettungswesen stetig an. Eine ihrer Hauptaufgaben besteht in der Besetzung der Rettungstransportwagen Typ C (kurz: RTW-C). Das Rote Kreuz Purkersdorf-Gablitz betreibt einen dieser RTW-C-Stützpunkte rund um die Uhr. Doch wie sieht die Ausbildung zur Notfallsanitäter:in aus und was dürfen und können sie?
Seit dem Ende der Corona-Pandemie verzeichnet das Rote Kreuz Purkersdorf-Gablitz vermehrt abgeschlossene Ausbildungen von Notfallsanitäter:innen. Mark Köckeis, Ausbildungsleiter der Bezirksstelle, erwähnt stolz: „Aktuell bestehen pro Jahr sechs bis sieben ehrenamtliche und hauptberufliche Kolleg:innen die Abschlussprüfung zur Notfallsanitäter:in.. Das ist nicht nur fachlich, sondern auch menschlich eine enorme Entwicklung!“. Erst kürzlich schlossen drei Mitarbeiter:innen des Roten Kreuz Purkersdorf-Gablitz ihre Ausbildung erfolgreich ab und zwei weitere stehen kurz vor dem Ende ihrer Praxisphase. Anna Krupicka und Daniel Lieb sind ehrenamtliche Notfallsanitäter:innen beim Roten Kreuz Purkersdorf-Gablitz. Anna studiert Medizin, Daniel unterrichtet an einer Schule – doch beide investieren ihre Freizeit, um im Rettungsdienst Leben zu retten. Was sie verbindet, ist der gemeinsame Wille, Verantwortung zu übernehmen und für andere da zu sein.
Die Ausbildung zur Notfallsanitäter:in (NFS) ist Grundvoraussetzung für die Ausübung von Notkompetenzen. Hier erlernen bereits ausgebildete Rettungssanitäter:innen (RS) vertiefendes Wissen über den menschlichen Körper, das selbstständige Beurteilen, Erkennen und Behandeln von Notfallpatient:innen, medizinische Maßnahmen anzuleiten und im Team Führungsverantwortung zu übernehmen. Im Rahmen der praktischen Ausbildung, müssen angehende Notfallsanitäter:innen, 45 Einsätze unter Aufsicht erfahrener Praxisanleiter:innen selbstständig abarbeiten und bei Anwendung von Notfallkompetenzen anderer Kolleg:innen assistierend tätig werden. Weiters ist ein 40-stündiges Krankenhauspraktikum zu absolvieren. „In dieser Phase merkt man, wie sehr Medizin, Kommunikation und Routine zusammengehören. Es geht nicht nur um Handgriffe, sondern um Entscheidungen, die über das Wohl eines Menschen bestimmen.“, erklärt Daniel, der selbst in der Ausbildung tätig ist.
Anna ist seit 2021 im Rettungsdienst aktiv und hat bereits die nächste Ausbildungsstufe absolviert: die Notfallkompetenz Arzneimittellehre (NKA). Ziel und Inhalt sind hier primär das Verständnis der rechtlichen Grundlagen einer Medikamentengabe, doch wird insbesonders vertiefendes Wissen über Medikamentengruppen, Dosierungen und Wirkungen vermittelt. In praktischen Fallbeispielen wird hier die Anwendung von Medikamenten, welche am RTW-C mitgeführt werden, geübt.
Bis Sanitäter:innen der Bezirksstelle Purkersdorf-Gablitz die folgende, zweithöchste Notfallkompetenz Venenpunktion (NFS-NKV) vom Beginn der Rettungsdienstkarriere bis zur erfolgreichen Abschlussprüfung erreicht haben, vergehen im Durchschnitt etwa 3,5 Jahre. Damit dürfen Sanitäter:innen eigenständig, unter Einhaltung von chefärztlichen Vorgaben, venöse Zugänge legen und Medikamente verabreichen – etwa zur Behandlung von Krampfanfällen, allergischen Reaktionen oder starken Schmerzen. Auch im Falle einer Reanimation, können hier selbständig alle Medikamente laut internationalen Leitlinien und Vorgaben verabreicht werden. Mark Köckeis, betont hier: „Bei ständigen Praxistrainings, Schulungen und Fachvorträgen durch unser großes internes Ausbildungsteam wird die Anwendung von Notkompetenzen durch unsere Notfallsanitäter:innen beobachtet, ausgewertet und stetig verbessert.“
Daniel Lieb kam den weiten Weg aus Oberösterreich zum Roten Kreuz nach Purkersdorf. Hauptberuflich ist er Lehrer – aber schon seit Jahren engagiert er sich ehrenamtlich im Rettungsdienst. „Ich wollte ein Gegengewicht zum Alltag im Klassenzimmer“, sagt er. „Etwas, das mich fordert und wo ich sofort sehe, was mein Einsatz bewirkt.“ Sein Weg begann ebenfalls mit der Rettungssanitäter-Ausbildung, gefolgt von der Notfallsanitäter-Ausbildung. Doch Daniel blieb nicht stehen. Schritt für Schritt erweiterte er sein Wissen und erreichte als erster Sanitäter in Purkersdorf die höchste Ausbildung im österreichischen Rettungsdienst: Notfallsanitäter:in (NFS) mit der Notfallkompetenz Intubation und Beatmung (NFS-NKI). Deren Kernaufgabe besteht in der endotrachealen Intubation im Rahmen der Reanimation, aber auch in der erweiterten Lehre des Atemweges und deren Erkrankungen. Die endotracheale Intubation, also das Einführen eines Beatmungsschlauches direkt in die Luftröhre, erfordert viele hundert Stunden Erfahrung und Praktika im Rettungsdienst, aber auch in Krankenhäusern. Beim Roten Kreuz Purkersdorf-Gablitz erreichen ein bis zwei Sanitäter:innen im Jahr die letzte Notkompetenz. Inzwischen haben fünf Kolleg:innen diese Ausbildung erfolgreich abgeschlossen.
Ob Medizinstudentin oder Lehrer, ob Beruf oder Ehrenamt – im Rettungsdienst finden unsere Sanitäter:innen das, was sie antreibt: Leben retten – mit Herz, Wissen und Teamgeist. Mark Köckeis betont: „Jede dieser Ausbildungsstufen baut auf Erfahrung und Praxis auf. Theorie ist wichtig, aber entscheidend sind die vielen Stunden im Rettungswagen, in denen Routine, Kommunikation und Teamarbeit entstehen.“
Abschließend findet Bezirksstellenkommandant des Roten Kreuz Purkersdorf-Gablitz, Benjamin Skopek, passende Worte: „Unsere Rettungs- und Notfallsanitäter:innen mit deren Notfallkompetenzen zeigen, was Teamgeist, Engagement und Menschlichkeit bedeuten. Ich bin stolz auf jede und jeden Einzelnen! Dank ihnen sichern sie die Hilfe dort, wo sie gebraucht wird.“
Interesse geweckt?
Wer selbst Teil unseres Teams werden möchte, kann jederzeit einsteigen – als Freiwillige:r, Zivildiener oder Berufseinsteiger:in. Denn beim Roten Kreuz Purkersdorf-Gablitz gilt: „Ausbildung rettet Leben"
